Bericht zum Workshopwochenende für Gehörlose Eltern und Kinder mit CI

Familie – Vielfalt – ZusammengeHÖRen

Seminarwochenende für hörgeschädigte Eltern in Koblenz 07. bis 09. Sept.2018

 

 

Das Seminarwochenede für gehörlose, schwerhörige Eltern von CI-versorgten Kindern ist speziell ausgestattet, was andere Seminare bei DCIG bis jetzt nicht haben:

Die Gebärdensprachdolmetscher.

 

So können vor allem die gehörlosen Eltern dank dieser Gebärdensprachdolmetscher die Vorträge und Diskussionen mitverfolgen. Dadurch waren sie, vor allem die Mütter, sehr aktiv beim Fragenstellen und während der Diskussionen.

 

Dieses spezielle Seminar fand nach Violau, Hannover, Freiburg, Darmstadt und Bayreuth zum sechsten Mal statt. Es ist ein Werk des ehemaligen DCIG Präsidenten Franz Hermann und diese wurde von der DCIG Vizepräsidentin Sonja Ohlingmacher fortgeführt.

 

Von ganz Deutschland kamen die Familien zum Seminarwochenende nach Koblenz und was uns sehr gefreut hat, zusätzlich sind weitere neue Familien aus Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankental hinzugekommen!

 

 

 

Freitag  

 

Zu Beginn des Seminars stellte Kilian Hünerth von der Bundesjugend Workshops, Seminare, Treffen und Freizeiten speziell für Kinder, Jugendliche und junge erwachsene Menschen mit Hörbehinderungen sich vor:

 

Segeltörn, Schwarzlichtgolfen, Workshop „Schwerhörig – na und? Wege zum Verstehen“, Gebärdenmusikvideo-Workshop usw.

 

Diese Veranstaltungen umfassen nicht nur Informationen und Aufklärung über die Schwerhörigkeit, sondern auch kreative oder sportliche Angebote.

 

 

Über den CI-Reha-Ablauf im nördlichsten CIC in Deutschland wurde vom Leiter des Rehazentrums Schleswig-Kiel Pascal Thomann berichtet. Außerdem erzählten wir über unsere Reha-Bedürfnisse als Gehörloser. Bei einigen gehörlosen Familien war ein gemeinsamer Reha-Termin für ihre CI-versorgten Kinder möglich, sodass ein Erfahrungstausch in eigener Sprache vor Ort gleich stattfand. Bei den anderen Familien ist dieser Austausch nicht möglich, da sie ambulant zur CI-Versorgung alleine kamen. Daher ist eine Selbsthilfegruppe speziell für hörbehinderte Eltern mit CI-versorgten Kindern unerlässlich. Leider gibt es nur eine solche Selbsthilfegruppe in Deutschland.

 

 

Samstag

 

Der Samstagmorgen begann mit einem interessanten Vortrag von Prof. A. Leonhardt aus München zum Thema „Wahl oder Qual? Die richtige Schule für mein Kind“. Sie zeigte uns aus ihren Forschungsprojekten verschiedene Module auf, z.B. hörgeschädigte Kinder und Jugendliche in allgemeinen Schulen, welche Hilfsmittel werden eingesetzt, welche Methode für ein inklusives Unterricht am besten eingesetzt werden sollen und welche Erwartungen die Eltern haben. Eine erfolgreiche Wahl hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere vor dem Schulbeginn und vor allem von den Eltern. Es gibt auch kritische Phasen z.B. während der Pubertät. Während der Grundschulzeit gibt es für Hörgeschädigte weniger Probleme als in der weiterführenden Schule. Es gab auch einige Fälle, dass die hörgeschädigten Schüler von der allgemeinen Schule zur Schule für Hörgeschädigte wechselten. Eine von den Gründen ist, dass die Vorbereitung für diese schulische Inklusion zu spät oder unzureichend war. Natürlich spielt das soziale Umfeld eine Rolle, ob sie von den Kameraden akzeptiert werden. Es gibt auch Lehrer, die mit den Anforderungen für eine erfolgreiche Inklusion Hörgeschädigter sich überfordert fühlen. Das sind einige von Faktoren, die die Eltern bei der Wahl der Schule auch beachten sollen. Eine erfolgreiche Inklusion funktioniert oft mit einer guten Vorbereitung (vor allem durch die Eltern) vor der Einschulung.

 

 

 

 

Nach diesem umfangreichen, aber sehr interessanten Vortrag befassten wir mit dem nächsten Thema „Schattenkinder“ mit Pascal Thomann. Als Schattenkinder werden die Kinder bezeichnet, die im Schatten Ihrer Geschwister stehen, die aus verschiedenen Gründen, meist wegen Krankheit oder ähnlichem, mehr Aufmerksamkeit bekommen. So stehen die gesunden Kinder im sprichwörtlichen Schatten und sind bzw. fühlen sich oft benachteiligt. Die Geschwisterkinder müssen dagegen an Aufmerksamkeit und Zeit zurückstecken.

 

Nicht etwa, weil ihre Eltern sie nicht lieben würden, sondern weil beispielsweise das kranke Geschwisterkind mehr Pflege, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme erfordert.

 

Um diese Benachteiligung zu meiden, benötigen die Geschwisterkinder eine klare Kommunikation, wo ihnen die Eltern deutlich machen, dass sie das Geschwisterkind genauso liebhaben. Wichtig ist auch, dem „Schattenkind“ deutlich zu machen, dass es jederzeit mit all seinen Sorgen und Nöten zu den Eltern kommen kann. Es lohnt sich auch eine „Mama-Zeit“ oder „Papa-Zeit“ einzuführen, wo sich ein Elternteil an einem Nachmittag, eine bestimmte Zeit nur um das „Schattenkind“ mit all seiner Aufmerksamkeit kümmert. Wichtig ist aber auch, dass die Eltern regelmäßig nachfragen, was die Kinder beschäftigt, ob Sie sorgen haben oder ähnliches. Eigentlich all das, was man als liebevolle Eltern machen sollte, für seine Kinder da sein.

 

 

Als „Verschnaufpause“ verfolgten wir die Geschichte über die Entstehung  und Entwicklung des CI von Dr. B. Bertram. Es war interessant, wie rasend die Technik von CI sich entwickelte!

 

 

Als Abschlussvortrag bekommen wir von Dr. B. Bertram mit, welche Arten von Mobbing es gibt und was man dagegen tun kann. Mobbing entsteht nur bei regelmäßigen Attacken über einen längeren Zeitraum und in den Gruppen. Die körperlichen oder seelischen Probleme wären als direkte Folgen. Man darf diese Mobbing nicht als ungesehen beachten sondern gegensteuern.

 

Nicht nur die Vorträge haben uns begleitet, auch versammelten wir uns am Abend gemütlich am Lagerfeuer und wir haben auf der Festungsgelände Ehrenbreitstein einen perfekten Blick auf die Stadt Koblenz!

 


 

Sonntag

 

Am Ende des Seminars befassten wir uns mit dem Thema: „Ich bin gehörlos, mein Kind hat ein CI – warum und wie? Es gab unter den Teilnehmern rege Meinungsaustausch, was auch im Zusammenhang mit dem CI-Zwangsimplantation in Goslar betraf. Warum wir uns für ein CI entschieden haben. Viele haben aus eigenen Überzeugungen und wegen Zukunft mit den Gehörlosenschulen sich für ein CI entschieden. Das CI bietet mehr Möglichkeiten.

 

 

Leider war für alle Familien das Seminar zu kurz und dennoch eine Bereicherung. Dank der perfekten Organisation der Kinderbetreuung konnte das Seminar für die hörgeschädigten Eltern nahezu ungestört durchgeführt werden. Einen ganz besonderen Dank galt auch an den Moderator Pascal Thomann, der das Seminar perfekt geleitet hatte und auch Sonja Ohlingmacher, die für einen reibungslosen Ablauf gesorgt hatte. Nicht vergessen haben wir die Gebärdensprachdolmetscher, die alle Vorträge in Gebärdensprache perfekt übergesetzt hatten.

 

Für die Organisatoren Andreas Frucht als  ehemaliger Selbsthilfegruppenleiter ECIK Stuttgart und Ansprechpartner für hörgeschädigte Eltern Jan Haverland war es nach 5 Seminarwochenenden die letzte gemeinsame Arbeit des Seminarwochenendes speziell für hörgeschädigte Eltern. Das nächste Seminarwochenende in ca. 2 Jahren wird dann von Gunnar Kett und weiterhin Jan Haverland organisiert und sie freuen sich jetzt schon darauf!

 

Jan Haverland

 

Danke für die tolle Zusammenarbeit!