Bericht zum Workshopwochenende für Gehörlose Eltern und Kinder mit CI

Seminar für gehörlose Eltern: Unser Kind hört mit CI

 

Die DCIG bot ein spannendes Workshop-Wochenende für gehörlose Eltern mit CI-Kindern in Bayreuth an. Nun möchte ich (Katrin Kovac a.d.R.) gerne über die Veranstaltung berichten. Diese Veranstaltung wurde von Sonja Ohligmacher (Vizepräsidentin DCIG e.V), Jan Haverland (Hamburg CIV Nord) und Andreas Frucht (ECIK - CIV Baden-Württemberg) organsiert.

 

3 Seminarthemen wurden angeboten:

 

  • Die Sprachentwicklung von Kindern und Jugendlichen
  • Junge Hörgeschädigte in der Pubertät
  • Wie können CI Träger im Gehörlosenkreis besser akzeptiert werden?  

 

11 Familien (4 aus Baden-Württemberg, 4 aus Bayern, 1 aus NRW, 1 aus Niedersachsen, 1 aus Schleswig Holstein), insgesamt 23 Kinder, davon 16 CI Kinder, 4 schwerhörige Kinder, 1 gehörloses Baby und 2 hörende Kinder (das jüngste 2 Monate alt und das älteste 15 Jahre alt)

 

 

Freitag  

 

Am Spätnachmittag reisten die Familien an, sie wohnten alle in der Jugendherberge Bayreuth. Für jede Familie stand ein Zimmer zur Verfügung. Die Teilnehmer aus dem Süden reisten sehr spät an, da stockender Stau die Fahrt verzögerte. Zum Abendessen gab es Käsespätzle mit Salaten.

 

Um 19 Uhr war die Begrüßung. Es gab die Grußworte von Sonja Ohligmacher, Vizepräsidentin der DCIG und in Abwesenheit Hanna Hermann, ehemalige Chefredakteurin der Zeitschrift Schnecke, per Präsentation. Ihr Mann Franz Hermann hatte die letzten vier Seminare für gehörlose Eltern mit CI-Kindern auf die Beine gestellt, es war sein großes Werk. Letztes Jahr ist er bei einem Unfall tödlich verunglückt. Sonja, Andreas und Jan haben sein Werk übernommen und fortgesetzt. Es folgte die  Vorstellung des Programms des Seminars und jede Familien stellen sich vor. Nach den Vorstellungen erzählte Frau Ohligmacher über den Aufbau einer Selbsthilfegruppe für Eltern mit Kindern. Während sie darüber referierte, waren die Kinder in der Betreuung, es wurden Gesellschaftsspiele angeboten. Dort gab es zwei Gruppen, „klein“ damit waren jüngere Kinder gemeint und „groß“ für die großen Kinder.

Im Eingangsbereich fand danach das große Kennenlernen und Beisammensein statt. In einem Einkaufswagen stand eine Bierkisten, die von einem der Teilnehmer spendiert worden war. Das Angebot wurde gerne genutzt.

 

Samstag

 

Ab 7.30 Uhr fand das Frühstück statt, es gab ein Super-Buffet mit allem, was das Herz begehrt. Um 9.00 Uhr begann ein Seminar mit dem Thema „Junge Hörgeschädigte in der Pubertät“ von Andrea Schott – Schuldirektorin St. Josef, Schule für Hörgeschädigte in Schwäbisch Gmünd, mit anschließender Diskussion. Es wurde sehr anschaulich mit bildhaften Präsentationen über Hormone, „Baustelle“ im Hirn und das typische Verhalten aufgeklärt.

 

Die großen Kinder fuhren zum Urweltmuseum in Bayreuth per Taxi hin und auch zurück, die kleine Kinder blieben im Raum, es war kalt und leicht bewölkt. Die Kleinen konnten malen und mit Autos und Puppen spielen.

 

Um ca. 11.30 Uhr begann das Seminar zum Thema „Sprachentwicklung von CI-versorgten Kindern und Jugendlichen“ von Prof. A. Leonhardt von der LMU aus München. Sie stellte eine Studie vor, für die 10 Jahre lang geforscht worden war. Vor 10 Jahren war man sich unsicher, ob CI-Kinder von gehörlosen Eltern mit Gebärdensprache aufwachsen sollten. Früher war die Meinung „entweder CI oder Gebärdensprache“. Heute hat man festgestellt, die Befürchtung war falsch – CI und Gebärdensprache ist richtig. Mit der Studie wurde ganz sicher bewiesen, es ist ein großer Nutzen und überhaupt kein Nachteil, sondern ein Vorteil.

 

Kinder mit CI und Gebärdensprache haben über beide Sprachen, Lautsprache und Gebärdensprache, mehr Stabilität und Sicherheit in ihrem sprachlichen Ausdruck. Kinder, die später ein CI bekamen, hatten schon Sprache, nämlich durch Gebärden. Dann, nach der Versorgung mit CI konnten sie viel leichter die Lautsprache, ihre 2. Sprache, erlernen. Ihre Muttersprache und die Familiensprache ist die Gebärdensprache. Es schadet überhaupt nichts! Nicht alle Ärzte wissen viel darüber Bescheid. Sie müssen unbedingt aufgeklärt werden, dass gehörlose Eltern die Gebärdensprache als Muttersprache mit CI- Kindern weiterhin kommunizieren, denn es gibt ein positives super Ergebnis und Freude. Ganz wichtig auch das hörende Umfeld und die Frühförderung in der Lautsprache durch Fachleute. Es wurde auch darüber berichtet, dass sich immer mehr gehörlose Eltern implantieren lassen, weil ihre CI-Kinder Erfolg haben. Ein Redakteur der Zeitschrift „Schnecke“ Uwe Knüpfer war anwesend, er wird  über unser Seminar in der Schnecke berichten, anschließend folgte eine rege Diskussion über CI und Gebärdensprache.  

 

Zum Mittagessen gab es bayerische Rostbratwürste, Kartoffelbrei und Gemüse/Salat. Nach dem Mittagessen  wurde ein Gruppenbild mit orangen Luftballons „Taub und trotzdem hören“ aufgenommen.
Der nächste Programmpunkt war für die großen Kinder eine Stadtrallye in Bayreuth. Für die Kleinen war Tierparkbesuch geplant. Er wurde leider abgesagt und es wurde ein Spaziergang in Bayreuth gemacht.  

 

Um 14.00 Uhr begann das Seminar zum Thema „Akzeptanz der Gehörlosen gegenüber CI-Trägern“ von Prof. A. Leonhardt. Sie sagte, dass es vor 10 Jahren viel Streit deswegen gab. Heute sind die CI-Träger von den Gehörlosen viel besser akzeptiert und integriert, aber nicht ganz!

 

Danach fand eine große Diskussionsrunde „Wie bauen wir die Vorurteile ab? Wie können CI-Träger im Gehörlosenkreis akzeptiert werden?“ mit Cornelia von Pappenheim, die Geschäftsführerin von Gehörlosenverband München und Umland e.V., Andrea Muschalek CI-Trägerin, integrative Lerncoachin und Lerntherapeutin und Herrn Gerhard Jandy als Stellvertreter vom Bayrischen Landesverband geben.

 

In dieser Diskussion ginge es um einen Vorurteilabbau über „CI oder Gebärdensprache“. Der Ursprung von diesem Streit war, dass die Ärzte gesagt hatten, dass das CI nur ohne Gebärdensprache erfolgreich sein wird, was aber nach heutigem Stand nicht mehr stimmt. Es wurde vorgeschlagen, dass die Gehörlosenverbände die Gebärdenkurse im CI-Reha-Centrum für hörende Eltern und CI-Kinder anbieten sollen, damit bei CI-Ausfall die Kommunikation dank der Gebärdensprache bestehen bleibt.  

 

Statt dieser Diskussion wurde das Thema „Selbsthilfegruppe“ aufgegriffen. Andreas Frucht erzählte über seine Selbsthilfegruppe sowie deren Aufbau, den Kontakt mit der DCIG. Er hat vor, in zwei Jahren als Selbsthilfegruppenleiter aufzuhören, weil seine CI-Tochter schon fast „Frau“ ist. Doch er möchte die Gruppe nicht auflösen, sondern nur weitergeben. Jetzt ist es noch Zeit zu überlegen, ob bei jemandem Interesse besteht, die Aufgabe zu übernehmen.

 

Zum Abendessen wurden Gulasch, Reis, Nudeln, Gnocchi und Salate angeboten.

 

Nach dem Abendessen folgte als Highlight für alle gemeinsam - Halloween Kürbisse schnitzen. Pro Familie standen drei Kürbisse zur Verfügung. Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt. Alle hatten großen Spaß. Zum Schluss wurden auf drei Tischen alle Kürbisse mit Kerzen aufgestellt. Das Licht im Speisesaal wurde ausgeschaltet - boah, wunderschön! Frau Ohligmacher wählte die drei schönsten Kürbisse aus. Als Preis gab es Halloween Süßigkeiten, danach folgte eine gemütliche Unterhaltung. Die Männer tranken Bier, die Frauen Sekt. Das Beisammensein ging bis Mitternacht. Die Sommerzeit war zu Ende, ab jetzt galt wieder Winterzeit.

 

Sonntag

 

Um 7.30 Uhr gemütliches Frühstück. Es folgte das Seminar zum Thema „Pro & Contra: CI für Kinder ab 7 Jahren und junge Erwachsene“ von Stefanie Kröger, Sektion Cochlear Implant Klinik für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde Freiburg ICF. Sie berichtete darüber, wann es sinnvoll ist, operiert zu werden. Die Empfehlung ist: Optimal im Alter von 0 – 2 Jahren. Bei späterer Operation, kann nicht mehr so viel Hörvermögen hergestellt werden. Die Klinik in Freiburg empfiehlt eine OP ab dem 10. bis 12. Monat. In Freiburg werden nicht gleichzeitig beide Ohren operiert, sondern jeweils nur eine Seite. Nach Abheilung dann die zweite Seite.

 

Auch das Mindestalter bei einer CI-Operation sollte nach Meinung der Freiburger Ärzte bei 10 Monaten liegen. Nur in Ausnahmefällen, wenn Meningitis (wegen verknöcherter Hörschnecke) vorliegt, dann früher. Bei Ertaubten ist es anders, denn ihr Hörvermögen bleibt noch eine Weile bestehen, deshalb nicht zu lange mit der CI-Operation warten bei Ertaubung. Es konnten Fragen gestellt werden und Diskussion war auch dabei.

 

Die Kinder bastelten Masken aus Papier. Danach folgte eine kleine Pause. Alle trafen sich im Seminarraum, Eltern und Kinder. Bei der anschließenden Schlussbetrachtung gab es eine lustige Tombola. Es wurde auch die Frage gestellt: „Wer möchte in zwei Jahren wieder dabei sein?“ – alle beantwortetem mit ja! Themavorschläge, noch am Überlegen, wo? Nach den ersten Seminaren im Süden (2x), Norden und Südosten soll das nächste Seminar im Westen stattfinden. Es folgte das gemeinsame Mittagessen, der Abschied und dann ging‘s auf die Heimreise.  

 

Fazit: Das Treffen hat uns sehr gestärkt, wir brauchen nichts zu befürchten im Gehörlosenkreis und wir benutzen weiterhin die Gebärdensprache mit unseren CI-Kindern!!

 

Wenn CI-Kinder in der Pubertät sind, haben wir dann wenigstens eine stabile Kommunikation. 

 

Geschrieben von Katrin Kovac